Husarenstück in Hennebont

Mühlhausens Steffen Mengel präsentierte sich in den jüngsten TTCLM-Partien in überragender Verfassung und besiegte unter anderem Kristian Karlsson und Chuang Chih-Yuan. Nach drei Siegen in der Zwischenrunde stehen die Postler sicher im Semifinale der Champions League (Foto: Christian Habel/Pixo).

Größter Erfolg der Vereinsgeschichte: Die Herren des Post SV Mühlhausen gewinnen in der „Höhle des Löwen“ in Frankreich mit 3:1 und buchen erstmals überhaupt das Halbfinale in der Tischtennis-Champions-League.

Hennebont. Eine historische Woche liegt hinter dem Post SV Mühlhausen. Drei Spiele binnen sieben Tagen hatten für die Herren von Cheftrainer Erik Schreyer in der zweiten Phase der Tischtennis-Champions-League (TTCLM) auf dem Programmzettel gestanden – nach drei 3:1-Siegen am Stück ist die Überraschung perfekt. Mit neun Punkten auf dem Konto sind die Müntzerstädter nicht mehr vom ersten Platz der Dreiergruppe zu verdrängen und stehen, nach zwei Viertelfinalteilnahmen, erstmals in der Vereinsgeschichte im Halbfinale der „Königsklasse“.

„Wahnsinn, was die Jungs geleistet haben. Drei Partien auf einem derart hohen Niveau abzuliefern, ist auch für eine Klasse-Mannschaft nicht alltäglich. Gerade in Hennebont ist uns ein Husarenstück gelungen“, erklärte Schreyer, dessen Anteil an der Mühlhäuser Erfolgsgeschichte kaum hoch genug einzuschätzen ist.

Der bisher feinste Gala-Aufritt der Mühlhäuser auf internationalem Parkett fand tatsächlich seine Austragung im neuen, durchaus kostenintensiven Tischtennis-Tempel zu Hennebont. Vor rund 600 enthusiastischen Fans waren die Hausherren angetreten, die 1:3-Scharte vom Kristanplatz unbedingt auszuwetzen. Dem Willen dahinter verlieh der französische Top-Club am Tisch deutlichen Nachdruck, indem man in Chuang Chih-Yuan die Nummer 17 der aktuellen Weltrangliste an der Spitzenposition aufbot. Der taiwanische Doppel-Weltmeister war im Hinspiel in Mühlhausen aufgrund eines Turniers in Asien schmerzlich vermisst worden – wenigstens auf Seiten Hennebonts. Dass ausgerechnet der 41-jährige Routinier unfreiwillig zum tragischen Helden avancieren sollte, konnte vor dem Duell mit Daniel Habesohn wohl niemand ansatzweise erahnen. Zwischen den beiden Internationalen entwickelte sich fünf Sätze lang ein großer Schlagabtausch, welcher Chuang beim 5:2 im verkürzten Entscheider prinzipiell auf der Siegerstraße wähnte. Doch Habesohn wehrte die drei Matchbälle ab und nutzte seinerseits beim 5:5 gleich den ersten K.o.-Schlag zum 1:0 für die Gäste. Der folgende Jubel des Österreichers war markerschütternd für ganz Hennebont.

Im zweiten Einzel durfte sich Steffen Mengel erneut gegen den Schweden Kristian Karlsson probieren. Der Siegerländer, in famoser Verfassung, hatte den 2021er Doppel-Weltmeister in Mühlhausen sensationell niedergerungen und so den 3:1-Heimtriumph unter Dach und Fach gebracht. Entsprechend zusatz-motiviert ging Karlsson ans Werk und führte rasch mit 2:0. Doch Mengel ließ sich nicht in die Knie zwingen und glich aus. In diesem Fall behielt jedoch der 19. der Tischtennis-Welt knapp mit 6:4 die Oberhand und besorgte das 1:1.

Was anschließend folgte, war an Dramatik und Güteklasse nicht zu überbieten. Ovidiu Ionescu arbeitete bravourös gegen den talentierten Griechen Ioannis Sgouropoulos und behielt im dritten Entscheidungssatz des Abends die Oberhand (6:4/3:2). „Diese Entscheider, die in der Champions League gespielt werden, scheinen uns zu liegen. Die Nervenstärke jedenfalls hat mich beeindruckt“, sagte Erik Schreyer, der seine Mannschaft von der Bank aus massive gepusht hatte. Die Krönung aus Mühlhäuser Sicht vollführte jedoch Steffen Mengel. Nach verlorenem ersten Durchgang fand er sich gegen Chuang Chih-Yuan immer besser zurecht, behauptete sich 3:1 und versetzte seine Gefährten und die Fans beim heimischen Public Viewing in eine selten erreichte Stufe der kollektiven Ekstase.

Drei Siege in der ersten Gruppenphase, 3:1-Heimsiege über die SpG Felbermayr Wels und G.V Hennebont sowie das Meisterstück in Hennebont in der Zwischenrunde – die internationale Bilanz des Post SV ist in dieser Saison makellos und eindrucksvoll. Unabhängig vom Ergebnis in Wels (13. Dezember), steht die Schreyer-Truppe unter den Top 4 in Europa. Im Semifinale, für Mitte Februar 2023 in Plan, locken mögliche Vergleiche mit Borussia Düsseldorf und dem 1. FC Saarbrücken-TT. In den drei weiteren Gruppen der Zwischenrunde kann man im Moment bloß von starken Tendenzen sprechen, die aber deutlich zugunsten der deutschen Spitzenclubs zeigen.

Für die Postler bleibt indes keine lange Verschnaufpause: Am morgigen Samstag, ab 14 Uhr, empfängt man in der Tischtennis-Bundesliga (TTBL) den gefährlichen ASV Grünwettersbach am LOTTO Thüringen Center Court. Karten sind an der Tageskasse erhältlich. Tags darauf wartet im Viertelfinale des nationalen Pokal-Wettbewerbs mit dem TTC Neu-Ulm – ausgerechnet auswärts – der unumschränkte Titelfavorit. Los geht es in der „ratiopharm arena“ um 15 Uhr – die Begegnung kann der Mühlhäuser Anhang, wieder kostenfrei, im Live-Stream von Spontent verfolgen.